Rabatt-Apps und Kundenkarten


Schon in 8 Artikeln haben wir uns in den letzten Jahren mit den Problemen und angeblichen Vorteilen von Kundenkarten beschäftigt. Jede/r weiß, dass man damit seine persönlichen Daten mindestens an der Herausgeber der Karte verkauft – und dass dieser die Daten für seine (gewerblichen) Zwecke nutzt. Mit langen und undurchsichtigen AGB werden wir um Einwilligung gebeten und viele geben diese sehr schnell. Nun kommen zu den Kundenkarten die passenden Apps hinzu – mit denen man angeblich noch mehr Geld sparen können soll.

Nach Leserbriefen und bei einem der letzten Treffen haben wir dann länger darüber diskutiert. Dieser Artikel ist eine erste Zusammenfassung der Ergebnisse und noch in Arbeit.
Wir haben versucht folgende Fragen zu klären:
- Wo ist der Unterschied zwischen Kundenkarten und App?
- Wie steht es mit dem Datenschutz?
- Ist das diskriminierend, wenn bestimmte Kunden Vorteile bekommen und andere diese nicht erhalten können?
- Diskriminierung von älteren Menschen
- Was sagt der Gesetzgeber dazu?
- Tipps von Verbraucherschützern
- Klagen laufen
- Was kann Jede/r selbst tun?
- Musterbrief
Wo ist der Unterschied zwischen Kundenkarten und App?
"Der Herausgeber der Karten verdient ein Vielfaches im Vergleich zu dem dafür gewährten Rabatt." hatten wir schon in unserem Artikel "Karte oder Bargeld? Was Kartenzahlungen verraten ..." festgestellt.
Mit den Apps kommen noch weitere Vorteile auf den Anbieter zu. Die Erstellung und ggf. der Ersatz der Karten fällt für ihn weg. Um Installation und Wartung (Updates) muss sich der Kunde kümmern - eines der gr0ßen Einsparpotentiale für Unternehmen aber eine große Belastung für uns "Endverbraucher". Der Anbieter kann die Angebote für den jeweiligen Kunden genau nach dessen Einkaufsverhalten steuern. Unter Umständen kann der Kunde im Laden bei seinem Einkaufsverhalten sogar verfolgt werden – wo bleibt er stehen? Welche Angebote ignoriert er?
Die Kontrolle und Gängelung wird mit der App stärker als bei einer Kundekarte. Aber auch die Kundenkarte macht den Kunden bereits gläsern.
Wie steht es mit dem Datenschutz?
"Meine persönlichen Daten gehören mir" ist der Titel unserer halbjährlichen Veranstaltung, in der wir aufzeigen, dass die Unternehmen mit unseren Daten gute Geschäfte machen.
Was gibt man beim Einkauf an Daten preis?
Auch der mdr stellt fest: Zahlen wir mit Bargeld, bleibt es bei dem, was auf dem Einkaufsbon steht, die gekauften Artikel und der Preis. Bei einer Kundekarte oder App kommen dann dazu: Telefon- und Kontonummer, Adresse, Inhalt des Einkaufswagens und bei Nutzung der App u.U. noch ein Bewegungsprofil.
"Erlauben Sie mit der Nutzung auch, dass der Händler Ihnen Werbung sendet" heißt ein Satz aus den AGB. Dann kommen viele Push-Nachrichten, die man bekommt, um viel über das Einkaufen nachdenken zu müssen. Alle sollen mehr kaufen als Sie eigentlich wollen ...
Ist es diskriminierend, wenn bestimmte Kunden Vorteile bekommen und andere diese nicht erhalten können?
Lidl, Kaufland oder Rewe: Beim Einkaufen im Supermarkt locken satte Rabatte in den Regalen. Zehn Prozent auf die Pasta, 20 Prozent auf den Kasten Sprudel oder neun Prozent auf die Kartoffelchips. Wer allerdings genau hinsieht, bemerkt: Die Sonderangebote gelten nur für bestimmte Kunden. Nur wer die jeweilige Handy-App installiert hat ..., schreiben z.B. die Stuttgarter Nachrichten.
Dies sehen wir bereits als eine Diskriminierung an, auch wenn man hier noch annehmen kann, dass Jede/r selbst und freiwillig entscheidet, ob er oder sie dabei mitmachen will.

Ergänzen müssen wir diesen Punkt um unser "Lieblingsthema", die i"Zwangsdigitalisierung". Wir vertreten die Ansicht, dass Jede/r selbst entscheiden können muss, welche Dienste digital und welche analog genutzt werden sollen. Hier bedeuten die zusätzliche Rabatte der App gegenüber der scheinbar "analogen" Kundenkarte wieder eine Diskriminierung.
Diskriminierung von älteren Menschen
Wenn es nun aber in Supermärkten – also Punkten zur allgemeinen Lebensmittelversorgung - Rabatte und Sonderpreise nur noch für Kunden gibt, die die App des Händlers nutzen, dann überschreitet die Diskriminierung eine Schwelle. Hier kann nicht mehr von Freiwilligkeit die Rede sein. Auch der SWR stellt fest: Insbesondere Ältere stehen vor einem Problem. Entweder sie besitzen überhaupt kein Smartphone haben oder sie könnten die winzige Schrift darauf auch nicht lesen.
Astrid Mönnikes von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen: "Letztendlich muss man sich darüber im Klaren sein, dass solche Apps Lockangebote bieten und Sie bezahlen zum Beispiel für die Butter weniger. Das ist eine eindeutige Benachteiligung." Sieben Millionen Menschen über 60 in Deutschland haben Studien zufolge keine Internetverbindung und somit auch keine Apps auf dem Smartphone.
Was sagt der Gesetzgeber dazu?
Man staunt über den Kassenbon, weil 2 Artikel (dieselben Artikel!) aus dem Angebotsregal gekauft wurden und nur 1 Artikel korrekt günstig abgezogen wurde, der andere soll den doppelten Preis kosten. Dies wird nach erfolgter Reklamation so begründet: Der günstige Preis gelte nur einmalig für App-Nutzer. Wieso dürfen Menschen überhaupt die kein Smartphone besitzen und nicht die App eines Discounters/Supermarktes nutzen, diskriminiert/benachteiligt werden, indem sie höhere Preise bezahlen müssen?
Dörte Schall, SPD, Sozialministerin, RLP, sagt dazu im SWR: Das Sonderangebot der Supermärkte ist ein Angebot, das die Supermärkte ihren Kunden machen. Da haben wir keine Einflussmöglichkeiten.
Das Lebensmittelforum ist noch mehr auf der Seite der Konzerne: Anbieter dürfen ihre Rabatte grundsätzlich frei gestalten und daher auch für Kundenkarten- oder App-Inhaber unterschiedliche Preise festlegen. Händlern steht es in Deutschland frei, für verschiedene Verkaufsplattformen beispielsweise vor Ort im Geschäft, im Onlinehandel und auch für Kundenkarten- oder App-Inhaber jeweils unterschiedliche Preise festzulegen. Allerdings müssen im Einzelhandel sowie in Prospekten Grund- und Endpreis angegeben sein, um Verbrauchern und Verbraucherinnen den Preisvergleich zu ermöglichen. Zudem muss eindeutig aus dem Angebot hervorgehen, welcher Preis für wen gilt. Gerade letzteres wird durch Aufmachung und Schriftfarbe oder -größe schwer gemacht.
Bei Abgeordnetenwatch wurde folgende Frage an den FDP Abgeordneten Marco Buschmann, FDP gestellt: "Wieso müssen Menschen die auf digitale Geräte der Umwelt zuliebe verzichten einen höheren Preis bezahlen anstatt dass solche Menschen belohnt werden und ist das nicht eine schwere Benachteiligung die man da alltäglich erleben muss wenn man sich Lebensmittel kauft." Buschmann, FDP, antwortete dort: "Unternehmen haben die Freiheit, im Rahmen des Wettbewerbs ihre Preispolitik eigenständig zu gestalten, solange keine gesetzlichen Bestimmungen verletzt werden. Diese Preisgestaltung kann auch Rabatte und Sonderangebote umfassen, die nur über bestimmte Vertriebskanäle, wie etwa Smartphone-Apps, zugänglich sind."
Tipps von Verbraucherschützern
Wer an der Kasse bezahlt, wird immer öfter danach gefragt ob man die jeweilige Kunden-App hätte. Dann wären die reduzierten Preise und Angebote direkt auf dem Smartphone. Doch Verbraucherschützer warnen, denn oft haben die Angebote einen Haken. Sie geben Tipps.
Apps, die den Kunden einen Sparvorteil versprechen werden oft überschätzt, kritisieren Verbraucherschützer. Ein Produkt im Sonderangebot könnte mitunter immer noch teurer als vergleichbare Produkte anderer Marken sein. Die Ersparnis sei zudem nicht immer eindeutig.
Händler seien verpflichtet, bei Ermäßigungen auch den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage anzugeben. Die Reduzierung müsse sich stets darauf beziehen.
Die Verbraucherzentrale NRW rät auch, die eigenen Datenschutzeinstellungen anzupassen. Kunden könnten in den Apps etwa den Zugriff auf ihren Standort unterbinden oder einer Personalisierung grundsätzlich widersprechen.
Klagen laufen

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg klagte zuletzt gegen mehrere Handelsunternehmen. Bei Lidl und Penny wird kritisiert, dass in der Werbung teilweise ausschließlich der Preis für App-Nutzer angezeigt worden ist und nicht der für andere Kunden. Bei Rewe stört man sich daran, dass bei Artikeln in der App zwar der Bonus angegeben ist, den Käufer erhalten, allerdings nicht der endgültige Preis.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat bereits gegen Lidl, Penny und REWE geklagt. Der Grund: In Prospekt- und Fernsehwerbung wurden teilweise nur Preise für App-Nutzer angezeigt, nicht der reguläre Preis. Bei REWE-Werbeaktionen fehlten zudem die tatsächlichen Preise der Produkte. Lediglich die Höhe des Rabatts für App-Nutzer wurde angegeben. Damit würde die App-Nutzung zum Standardverkaufsverhalten erhoben und alle andere Möglichkeiten weggelassen. Dies ist eine Irreführung der Verbraucher und eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber Konkurrenten, die dies nicht tun.
Eine erfolgreiche Klage gegen Netto wurde aktuell in dieser Woche durch den BGH bestätigt. Es ging um Kaffee: Im Prospekt von Netto stand in großer, breiter Schrift "-36%", also die Aussage, der Kaffee sei um 36 Prozent herabgesetzt. Zusätzlich war in noch größerer, breiterer Schrift der aktuelle, reduzierte Preis von 4,44 Euro angegeben sowie mit 6,99 Euro der Preis der Vorwoche sehr viel kleiner gedruckt. Das Ganze sah also nach einer deutlichen Preissenkung aus. Allerdings hatte der Preis kurz zuvor also innerhalb der vergangenen 30 Tage schon einmal bei 4,44 Euro gelegen.
Das Gericht sah die Preisklarheit verletzt.
Was kann Jede/r selbst tun?
Der SWR schreibt z.B.: Horst Lamby hat seinem Ärger Luft gemacht und sich in einem Brief an die REWE-Hauptverwaltung in Köln beschwert. Er bekam zwar Antwort, die sei aber "ziemlich nichtssagend" gewesen. Für sich hat er die Konsequenz gezogen, dort nicht mehr einzukaufen.
Verbraucherschützer raten Kundinnen und Kunden, sich zu wehren. Man könne sich bei der Verbraucherzentrale melden oder auch beim Verband "Digitalcourage". Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher sich beschwerten und Dinge öffentlich machten, sei am Ende auch die Politik gefordert, so Andrea Steinbach, Juristin im Fachbereich Digitales & Verbraucherrecht VZ RLP.
Das Thema sollte unter den obigen Gesichtspunkten viel mehr – auch in den Medien – diskutiert werden. Reden wir mit unseren Freunden und anderen Menschen über die Probleme und Ungerechtigkeiten. Das kann auch an der Supermarktkasse geschehen. Dabei sollten wir bedenken, dass die dort sitzenden Beschäftigten nicht die Nutzniesser sondern selbst darunter Leidende sind, denn sie müssen zusätzliche Bedienschritte erklären und bei Funktionsstörungen den Ärger der Kunden entgegen nehmen.
Musterbrief
Viel eher sollte man an die Verantwortlichen schreiben, welche Probleme man in diesen Apps sieht und wo man sich dadurch selbst benachteiligt sieht. Wir haben einige Punkte dazu in einem Musterbrief formuliert. Diesen kann Jede/r an seine Probleme anpassen und dann dem Unternehmen seiner Wahl zusenden.
Vielleicht gibt es ja eine Antwort ...
Eine Kopie der Mail geht an die Verbraucherzentrale Bundesverband und als Gesetzgeber das Justiz- und Verbraucherministerium und an unseren Verein. Selbstverständlich kann Jede/r vor dem Absenden der Mail sowohl den Text als auch die Adressaten nach eigenem Ermessen ändern.
Aktion Freiheit statt Angst e.V. stellt lediglich das Tool bereit und ist für den Inhalt der damit erzeugten Mails nicht verantwortlich. Die redaktionelle Verantwortung für diesen und alle anderen 10.000 unserer Artikel übernehmen wir dagegen gern.
Der Musterbrief enthält z.Zt. folgenden Text (Änderungsvorschläge sind willkommen):
Betreff: Diskriminierung bei Einkäufen ohne Rabatt-App oder Kundenkarte
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit einiger Zeit gibt es saftige Rabatte auf Grundnahrungsmittel bei Ihnen, wenn man ihre App benutzt. Dies empfinde ich als diskriminierend, da es hier ja nicht um Luxusartikel (Messer, Töpfe, Handtücher), wie vorher bei den Bonusprogrammen geht, sondern sich um Lebensmittel des täglichen Bedarfs handelt, die jeder braucht.
Jeder, der nicht so viel Geld verdient oder auf Bürgergeld angewiesen ist, wird damit quasi gezwungen, sich die App aufs Handy zu laden und seine Daten an Sie weiter zu geben. Auch jeder, der mit dem Handy nicht so gut zurecht kommt oder gar keins hat (ältere Menschen, behinderte Menschen und Kinder) wird damit ausgegrenzt und benachteiligt. Außerdem benachteiligen Sie so Menschen, die informiert sind und denen ihre Privatsphäre wichtig ist. Mit satten Rabatten von bis zu 20cent auf Grundnahrungsmittel, versuchen Sie so Ihre Kunden zu gläsernen Kunden zu machen und deren Kaufverhalten auszuspionieren. Dann kann man ja gleich online bestellen und bekommt die Lebensmittel auch noch nach Hause geliefert.
Sie argumentieren mit Kundenbindung, aber das ist doch Unsinn, wir gehen eh immer zu den selben Supermärkten um die Ecke. Es erweckt bei mir auch den Eindruck, dass Sie sich an unserer Grundversorgung bereichern, wenn es Ihnen möglich ist, dort auf 20 cent zu verzichten.
Platz für eigene Argumente ...
Mit dieser Mail möchte ich protestieren und hoffe, dass Sie wieder zu einer gerechten Grundversorgung ohne Digitalzwang durch die Hintertür zurück kehren.
Mit freundlichen Grüßen
- Lidl Stiftung & Co. KG Stiftsbergstraße 1 74167 Neckarsulm lidlplus@lidl.de
- Penny-Markt GmbH. Stolberger Straße 76-78. 50933 Köln kontakt@penny.de
- REWE Group, Domstraße 20, 50668 Köln kundenmanagement@rewe.de
und in cc:
- Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (VZBV). Hauptadresse. Rudi-Dutschke-Straße 17 10969 Berlin, info@vzbv.de
- Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Anton-Wilhelm-Amo-Straße 37 10117 Berlin poststelle@bmjv.bund.de
- Aktion Freiheit statt Angst e.V., Rochstr. 3, 10178 Berlin kontakt@a-fsa.de
Wen will man anschreiben?
- Lidl
- Penny
- REWE
- ...
Mehr dazu bei https://a-fsa.de/de/articles/7898-20220118-persoenliche-daten-sollen-privatangelegenheit-bleiben.html
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Erstellt: 2025-10-11 11:52:03 Aufrufe: 95
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